Die Entstehungsgeschichte der Werke von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) gibt uns oftmals Rätsel auf. Nicht selten sind wir über den wahren Anlass ihres Entstehens im Unklaren. Mozart komponierte häufig ohne einen konkreten Auftrag von Geldgebern, was für eine verschwenderische, immer unter Geldnöten leidende Natur ein ungewöhnliches, wenn nicht sogar riskantes Unterfangen war. Darüber hinaus ist auch die Verfassung Mozarts beim Komponieren meist unklar, da sich zwischen fröhlichen Melodien zumal Töne sanfter Melancholie bis hin zu tiefer Resignation finden. Mozarts Heiterkeit ist immer wieder von unerklärlichen emotionalen Abgründen kontrastiert.
So birgt Mozarts Werk ein Geheimnis, das vielleicht Teil der ungebrochenen Faszination für seine Musik bis heute ist.
Ein Beispiel hierfür ist Mozarts letzte Klaviersonate in D-Dur (KV 576), welche nach einer Berlin- und Potsdamreise 1789 in Wien komponiert wurde. Fast scheint es, als wüssten wir über die geschichtlichen Hintergründe dieser Sonate Bescheid: In Folge dieser Reise versprach sich Mozart neue Aufträge seitens des Königs von Preußen, Friedrich Wilhelm II (1744-1794). Dieser war ein leidenschaftlicher Musikfreund und spielte selbst einigermaßen Cello. Mozart beschloss daher, eine Reihe von sechs Streichquartetten (mit einer für den König spielerisch schaffbaren Cellostimme) zu komponieren und diese dem König zu widmen. Zusätzlich wollte Mozart für die älteste Tochter des Königs, Friederike, einige "leichte Klaviersonaten" schreiben, da diese das Klavierspiel zu erlernen strebte.
Soviel zu den geschichtlichen Hintergründen. Doch was kam dabei heraus?
Mozart schloss den Streichquartett-Zyklus nie ab. Lediglich drei Quartette (KV 575, 589, 590) wurden fertiggestellt, die von der Nachwelt den Titel "Die Preußischen Quartette" erhielten. Von den Klaviersonaten wurde gar nur eine, die oben genannte Sonate in D-Dur (KV 576), fertiggestellt und selbst bei dieser ist fraglich, ob sie wirklich für ungeübte Königstochterhände gedacht gewesen sein konnte. Sie gilt nämlich als eine von Mozarts anspruchsvollsten Kompositionen für Klavier. Allein der erste Satz zeugt von einer komplexen Synthese aus dem polyphonen Stil des Barock und dem galanten Stil des Rokoko. Mozart bringt hierbei den Geist zweier Epochen spielerisch zum harmonischen Ausgleich:
Ein tiefsinniges Geheimnis von zarter Poesie birgt der kantable zweite Satz. Es handelt sich um eine bitter-süße Fantasie im fernen fis-Moll, die den Kern des Satzes bildet. Hier erschließt Mozart eine völlig neue, in sich abgeschlossene Welt, die vielleicht schon auf die künftige Epoche der Romantik hinweist und ab Minute 1:15 ahnungsvoll erklingt:
Anhand der Komplexität und des emotionalen Facettenreichtums ist es eher unwahrscheinlich, dass diese Sonate der Königstochter zugedacht war. Über die wahren Hintergründe wissen wir eigentlich nichts. Alles, was bleibt, ist Musik, die ein stilles Geheimnis voll Klangpoesie birgt und das Signum der Vollendung trägt.