Sonntag, 18. September 2016

"Benjamin Britten - Im Geheimdienst Ihrer Majestät"


Benjamin Britten (1913-1976) war eine zentrale Figur der klassischen Musik Großbritanniens des 20. Jahrhunderts. Ihm gelang das Meisterstück, die britische Operntradition 250 Jahre nach dem letzten britischen Großmeister Henry Purcell (1659-1695) zu reaktivieren und erneut zu internationalem Ruhm zu führen. Doch auch darüber hinaus war Britten ein vielseitiger Komponist und schuf in fast allen Bereichen der klassischen Musik bedeutende Beiträge. Dies blieb auch der königlichen Familie nicht verborgen und so ergab es sich, dass Britten zur Krönung von Queen Elizabeth II. (*1926) im Jahre 1953 die Erlaubnis erhielt, eine Oper zu komponieren. Dieser ehrenvollen Aufgabe kam Britten traditionsbewusst nach und schuf dabei Großes.


Die Oper, die Benjamin Britten zur Krönung Elizabeth II. komponierte und dieser auch widmete, hieß "Gloriana" (op.53) und beschäftigt sich gemäß des Anlasses mit der Geschichte und Tradition des britischen Königreiches. Die Handlung spielt im späten 16. Jahrhundert während der Regentschaft einer Amtsvorgängerin namens Queen Elizabeth I. (1533-1603). Die Regentschaft von Eliszabeth I. (von 1558 bis 1603) ging als "The Golden Age" in die Geschichtsbücher ein, was zumindest für Kunst und Kultur berechtigt scheint, da damals in vielen Bereichen eine Blütezeit entstand. Davon zeugen beispielsweise der Komponist John Dowland (1563-1626), der Dichter William Shakespeare (1564-1616) und der Philosoph Sir Francis Bacon (1561-1626)

Brittens Oper "Gloriana" beschäftigt sich mit den schwierigen Pflichten, die das Amt einer Königin mit sich bringt und vermengt dieses mit dem Gefühlsleben der Monarchin. Britten versucht in der Oper die Unvereinbarkeit von moralischem Prinzip und leidenschaftlicher Neigung herauszuarbeiten, woran Elizabeth I. gescheitert sein soll. Dies ist für die Krönung einer künftigen Monarchin ein durchaus kühnes und spannendes Thema. Doch noch spannender ist die Musik, denn hier gelang Britten eine einzigartige Verschmelzung von moderner Klassik mit altenglischer Musik der  elisabethanischen Zeit.

Hinsichtlich der historisierenden Musik unterscheidet sich Britten fundamental von anderen großen Opernkomponisten wie Giuseppe Verdi (1813-1901) oder Giacomo Puccini (1858-1924), welche auf die traditionell überlieferte Musik ihres Opernsujet kaum oder gar keine Rücksicht nahmen. In dieser Hinsicht war Britten vollkommen anders, da er sich in seinem Schaffen zutiefst der britischen Tradition verpflichtet fühlte, diese in seiner eigenen Sprache weiterführte und etwas Neues dabei entstehen ließ. Darin lag vielleicht Brittens Genie, dass ihm die Balance zwischen alt und neu gelang und dabei doch immer ein Original blieb. 

Um nun eine Hörprobe als Beweis des Gesagten ins Felde zu führen, sei die Orchestersuite op.53a bestehend aus den "Höfischen Tänze" ("Courtly Dances") der Oper nun zu Gehör gebracht. Diese Suite hat auch unabhängig der Oper Einzug in den Konzertsaal gefunden und belegt Brittens erfrischende Erfindungskraft sowie seine sensible Handhabung der britischen Musiktradition vergangener Epochen:




Was hielt nun Queen Elizabeth II. von dieser Oper?

Auch wenn die Oper bei der Uraufführung beim Publikum nur verhaltene Aufnahme fand, gefiel sie der Queen doch sehr. Die Queen erkannte wohl Brittens Stellenwert in der britischen Musiktradition und in der klassischen Musik allgemein. Beider Wege werden sich bis zu Brittens Tod im Jahre 1976 immer wieder kreuzen und die Queen wird stets ihre schützende Hand über ihn halten. Doch die Wertschätzung bestand wohl auf beiden Seiten. Im Jahre 1961 arrangierte Britten die britische Nationalhymne "God save the Queen", welche die Lieblingsfassung von Queen Elizabeth II. werden sollte: