Im Gedenken an Franz Schuberts 190. Todestag
„Wir wissen, […] dass sein Schicksal sich anders gestaltet
hätte, wenn sein Gemüt den Reizen der Gefühlssphäre, der allgemein geistigen
Haltung, die das Lied auf so innig-geheimnisvolle Weise zusammenfasste, nicht
im höchsten Grade zugänglich gewesen wäre. Eben dieses Schicksal aber hatte
Steigerungen, Abenteuer, Einblicke mit sich gebracht, […] die ihn zu
ahnungsvoller Kritik an dieser Welt, diesem ihrem allerdings absolut
bewunderungswürdigen Gleichnis, dieser seiner Liebe reif gemacht hatten und
danach angetan waren, sie alle drei unter Gewissenszweifel zu stellen. […] Sie
sind es erst, die der Liebe den Stachel der Leidenschaft verleihen, sodass
man schlechthin die Leidenschaft als zweifelnde Liebe bestimmen könnte. […]
Welches war diese dahinter stehende Welt, die seiner
Gewissensahnung zufolge eine Welt verbotener Liebe sein sollte?
Es war der Tod.“
„Es war eine Lebensfrucht, vom Tode gezeugt und
todesträchtig. Es war ein Wunder der Seele, - das höchste vielleicht vor dem
Angesicht gewissenloser Schönheit…“
aus Thomas Manns "Der Zauberberg" - Kapitel "Fülle des Wohllauts" (über ein Lied Schuberts)